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Toni Vescoli: «Machte immer, was ich wollte»
WIL. Hautnah, witzig und mitunter auch zum Nachdenken anregend – so präsentierte sich am Sonntagvormittag das jüngste «Persönlich im Hof zu Wil», das von Rocker Toni Vescoli und Pfarrer Meinrad Gemperli bestritten wurde. CHRISTOF LAMPART
Die beiden Gesprächspartner von Moderator Roland P. Poschung, welche auf den ersten Blick unterschiedlicher nicht hätten sein können, zählen gemeinsam 152 Lebensjahre. Trotz der vermeintlichen Gegensätze: In der Talkreihe «Persönlich im Hof zu Wil» der Volkshochschule Wil offenbarten die Schweizer Musiklegende Toni Vescoli (73) und der ehemalige Wiler Stadtpfarrer Meinrad Gemperli (79) vor rund 80 Personen viele Gemeinsamkeiten.
Von Freddy Quinn geprägt
Die Liebe zur beziehungsweise in der Natur wurde beiden in die Wiege gelegt. Während Gemperli als ältestes von 14 Kindern 1936 auf einem Toggenburger Bauernhof das Licht der Welt erblickte, wurde der spätere «Swiss Beatle» Toni Vescoli auf einer Aprikosenplantage in Persien gezeugt. Wenig später fuhren die Vescolis per Schiff nach Peru. Als es Jahre später wieder retour ging, kam Toni mit der Musik Freddy Quinns in Berührung. «Wir waren sieben Wochen lang unterwegs und legten in vielen Häfen an, wo immer Quinns Lieder zu hören waren. Kein Wunder, sang ich später im Wald hinter dem Haus seine Lieder.» An eine Musikerkarriere war vorerst nicht zu denken. Doch als der 15-Jährige die Gitarre der älteren Schwester geschenkt bekam, war es um Vescoli geschehen.
Vor dem Lift gewartet
Dass die Weltkarriere versagt blieb, obwohl seine Band Les Sauterelles als Vorgruppe von Cliff Richards und den Rolling Stones agierten, stört Toni Vescoli nicht. «Ich habe immer das gemacht, was ich wollte und will, nämlich Musik.» Das führte so weit, dass seine Frau ihn vors Ultimatum stellte. «Ich sagte ihr, dass ich mit der Gitarre schneller eine neue Frau fände als mit ihr eine neue Gitarre.»
Typisch auch seine Reaktion, als seine Frau wenig später mit gepacktem Koffer den Lift betrat. «Ich habe vor dem Lift gewartet, bis sie wieder hochkommt – und so ist es auch passiert.»
Gemperli: 186 Tatzen
Ähnliche «Frauengeschichten» wusste Meinrad Gemperli nicht zu erzählen. Stattdessen gab es schon in der Jugend einige Härten für den Lausbuben. «Ich habe einmal in einem Monat 186 Tatzen vom Lehrer gekriegt.» Kam es ganz hart, so musste man sich vor dem Unterricht auf den Tisch legen. «Dort hat dann der Lehrer an vier oder fünf Kindern sogenannte <Hosenspanner> verteilt, je nachdem, was er über den letzten Nachmittag in Erfahrung bringen konnte.»
Das Lähmende ist weg
Froh ist der langjährige und mittlerweile pensionierte Wiler Stadtpfarrer Meinrad Gemperli über die Offenheit, die aktuell in der katholischen Kirche herrsche. «Ich masse mir nicht an, über Papst Franziskus zu urteilen. Aber das Lähmende, das fast 30 Jahre lang die Kirche beherrschte, ist nun weg.» Auch den interreligiösen Dialog will Meinrad Gemperli aktiv pflegen. Gerade die hier lebenden Moslems brauchten unsere Hilfe.
Mehr Gelassenheit
Dies sieht auch Toni Vescoli so. «Ich glaube, dass es vor allem die Moslems sind, die unter den Salafisten und dem IS leiden.» Zugleich mahnte der Musiker zu mehr Gelassenheit in Glaubensdingen: «Mit den Religionen ist es wie mit dem Bergsteigen. Der eine geht auf dieser, der andere auf jener Seite hoch. Dem Berg ist es jedoch egal, wer wie hochkommt.»