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Glutenfrei, koscher oder halal
ESCHENZ ⋅ Seit 1936 stellt die Unipektin für den Weltmarkt Gelier- und Verdickungsmittel auf pflanzlicher Basis her. Nun bringen die Spezialisten eine Weltneuheit heraus: Nahrungsfasern aus Zuckerrüben.
Vom Untersee hinaus in die weite Welt. Die zu 100 Prozent aus Zuckerrübenschnitzel (nach dem bereits erfolgten Zuckerentzug) hergestellte Nahrungsfaser, die auch als «bio» erhältlich ist, wurde bereits seit 2017 am Markt getestet und wird nun dieses Jahr im grossen Stil global eingeführt. Dabei handelt es sich um ein wahrhaft echt thurgauisches Produkt. Den zur Herstellung der Nahrungsfasern benötigten Rohstoff, beziehen die Eschenzer von der Schweizer Zucker AG Frauenfeld. Aus der Ernte 2017 bezieht Unipektin nicht weniger als 6000 Tonnen an Zuckerrübenschnitzel aus der Kantonshauptstadt.
Der Geschäftsführer der Unipektin Ingredients AG, Ulrich Zuber, zeigt sich vom Potenzial dieses Produkt, das in nicht weniger als sechs verschiedenen Mahlgradierungen erhältlich ist, absolut überzeugt. «Mit dieser Nahrungsfaser, welche wir unter dem Label ‹Videfibres BF› herstellen, kommen wir dem Bedürfnis eines rasch wachsenden ‹Free from›-Marktes nach, sind doch Nahrungsfasern, welche absolut antiallergen, glutenfrei, koscher oder halal sind und multifunktional für Nahrungsmittel mit besonderen Erfordernissen eingesetzt werden können, sehr gefragt.» Und der Trend entwickelt sich wohl weiter in diese Richtung, meint Zuber. BF steht fürs Englische «Beet Fibre», also «Rübennahrungsfaser».
Deutlich länger frischere Brote
Kommt hinzu, dass das in feinen Gradierungen sehr helle Pulver sich «farbneutral» verhält, wenn es anderen Speisen beigegeben wird. Was mindestens so wichtig ist: es ist geschmacksneutral und deshalb für praktisch alles Speisen geeignet. Je nach Qualität der Faser – es gibt sie in den Qualitäten «Standard», «Superior» und «Premium» – kann ein Gramm dieser Nahrungsfasern zwischen 3,5 Gramm und 15 Gramm Wasser binden – womit sich die Zuckerrüben-Nahrungsfaser beispielsweise hervorragend für Back- und Wurstwaren eignet, trägt sie «doch wesentlich zur Frischhalte-Verlängerung» bei, wie Unipektin-Direktor Guido Schär erklärt. Angst davor, dass irgendein Multi die Geschäftsidee über kurz oder lang kopieren wird, hat die Unipektin-Geschäftsleitung nicht. Denn die 6000 Tonnen an Zuckerrübenschnitzel, welche verarbeitet worden sind, sind eine zu geringe Menge, um wirkliche grosse Firmen anzulocken. «Wir reden hier von einem Ertrag von ein bis zwei Franken je Kilo. Und Zuckerrübenfasern sind nun einmal kein Produkt, von dem man 200000 Tonnen auf den Markt bringen kann. Dies müsste aber der Fall sein, um für die ganz Grossen attraktiv zu sein», so Zuber. Auch die Nähe zur Bezugsquelle Zuckerfabrik Frauenfeld ist ökologisch und ökonomisch wichtig, denn: «wir können so unseren Kunden die Rückverfolgbarkeit unseres Produktes leicht garantieren», so Schär.
Denkbar hingegen wäre, dass irgendeine kleine Firma sich auch die Kenntnisse aneignete und ein gutes Produkt herstellen könnte. Doch da sieht Zuber ein weiteres Problem für die Mitbewerber: «Wir sind seit Jahrzehnten global aktiv und haben ein sehr gutes Vertriebsnetz mit guten Partnern aufgebaut, womit wir hier sicherlich einen grossen Vorteil haben». Denn die nationalen Absatzchancen sind nun einmal bei gerade acht Millionen Einwohnern schon sehr eingeschränkt. «Wir als innovative Schweizer KMU exportieren 97 Prozent unseres Gesamtumsatzes ins Ausland», weiss Zuber.