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«Zuerst wollte Peter noch warten»

Dienstag, 9. Oktober 2012

Dass sie ihre Firma an den damals jungen Betriebswirt Peter Spuhler verkauft habe, sei eine gute Sache gewesen, sagt Irma Stadler im Interview. Die ehemalige Chefin von «Stadler Bussnang» hörte sich im Romanshorner «Locorama» einen Vortrag über ihre eigene Firmengeschichte an.

Frau Stadler, sind Sie heute mit der Bahn angereist?

Irma Stadler: Ja, selbstverständlich. Ich fahre schon lange kein Auto mehr, schliesslich bin ich mittlerweile 88 Jahre alt, da ist ein Generalabonnement schon eine ideale Sache für mich. Ich geniesse es, mit der Bahn zu fahren, wie ich es übrigens auch nach wie vor generell geniesse, zu reisen.

Sie haben nach dem Tod Ihres Mannes, Ernst Stadler, «Stadler» während acht Jahren, von 1981 bis 1989, geführt. War das für Sie selbstverständlich?

Stadler: Mir blieb ja nicht viel anderes übrig, denn irgendjemand musste ja die Firma übernehmen. Ich hatte allerdings anfänglich schon Bedenken, ob mir alle Mitarbeiter so folgen würden wie meinem Mann. Doch die Bedenken zerstreuten sich schon rasch. Ich hatte das grosse Glück, dass alle Mitarbeiter blieben. Generell kann ich jedoch sagen, dass mir das Geschäft nicht fremd war, da ich ja vorher auch in der Buchhaltung und in der Administration von Stadler mitgearbeitet hatte.

Eine Frau als Chefin eines Technologie-Unternehmens war aber doch etwas Spezielles zu jener Zeit?

Stadler: Ja, das stimmt schon. Aber ich habe mich schon immer für die Eisenbahntechnologie begeistert und stehe nach wie vor mit Leib und Seele dahinter. Es ist doch wirklich faszinierend, wie, vereinfacht gesagt, aus etwas Stahl, Rädern und einem Motor eine Eisenbahn entsteht, die Menschen oder eben auch Güter von A nach B transportiert.

Und im 1989 verkauften Sie dann das Unternehmen an Peter Spuhler.

Stadler: Genau so war es. Und das war, rückblickend gesehen, eine sehr gute Sache. Von den fünf Stadler-Kindern wollte niemand das Unternehmen übernehmen. Wir hatten zwar auch einen anderen, guten Interessenten, der von den Voraussetzungen her «gepasst» hätte, aber der hätte wahrscheinlich den Standort Bussnang geschlossen. Und das wollte ich auf keinen Fall. Und so habe ich Peter Spuhler, der damals in die Familie eingeheiratet und schon zwei Jahre mitgearbeitet hatte, gefragt, ob er meine Nachfolge antreten und den Betrieb übernehmen möchte.

Hat er gleich zugesagt?

Stadler: Zuerst wollte Peter noch ein wenig warten und im Ausland arbeiten, aber die Firma florierte und gewann ständig an Wert. Und da bekam er wohl ein wenig Angst, dass das Unternehmen zu wertvoll und damit auch für ihn auch zu teuer werden könnte. Schliesslich drängte er mich fast ein bisschen, ihm die Firma zu verkaufen. 1992 bin ich dann ganz aus der Firma ausgeschieden.

Hätten Sie aber je gedacht, dass Peter Spuhler so erfolgreich sein könnte?

Stadler: Wie ich schon sagte: die Firma lief schon vor der Übernahme hervorragend. Aber dass es so steil bergauf gehen könnte, wie dies in den letzten Jahren der Fall war, damit konnte effektiv niemand rechnen. Aber ich habe mich für Peter gefreut und die Entwicklung stets mitverfolgt. Er hat mich über die wichtigen Entscheide auch stets informiert.

War dies auch bezüglich seines Rücktritts aus dem Nationalrat der Fall?

Stadler: Nein, das habe ich aus der Medienmitteilung wie alle anderen erfahren. Es hat mich überrascht, aber ich bin nicht unglücklich darüber. Im Gegenteil: ich begrüsse seinen Schritt, denn es tut dem Unternehmen gut, wenn sich Peter ganz darauf konzentrieren kann. Ehrlich gesagt, fand ich es nie gut, dass er so aktiv in der Politik war. Denn dadurch mussten Firma und Familie klar zurückstecken. Und das gefiel mir nicht wirklich.

Wie verbringen Sie heute Ihre Zeit?

Stadler: Mir wird nicht so schnell langweilig. Ich wohne in Pfäffikon im Kanton Schwyz, wo ich gerne Freunde empfange und für sie koche. Ausserdem reise ich gerne und gehe oft auf der Rigi laufen.

Interview: Christof Lampart