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Die, die über den eigenen Weinberg hinaus blicken
Als die Familie Wolfer 1975 mit der Eigenkelterei anfing, war am Ottenberg noch vieles anders. Damals hatte jeder Winzer einfach einen „Roten“ und einen „Weissen“. Mittlerweile herrscht quantitativ und qualitativ eine grosse Vielfalt vor. Doch das Streben nach edlen Weinen geht unvermindert weiter. „Qualität ist eine Sucht, von der man nie genug bekommen kann“, lacht Alfred Wolfer.
CHRISTOF LAMPART
Es waren noch ganz andere Zeiten, als der Vater von Alfred und Hansruedi Wolfer, Alfred Wolfer sen., im 1963 im „Waidli“ mit der Umstellung des gemischten Landwirtschaftsbetrieb auf reinen Rebbau begann. Auch als im 1968 durch Kauf und Pacht das Land im Bründlerberg hinzu kam, änderte sich vorerst nichts. Der Wandel kam, als die Familie im Jahr 1975 einen Wohnsitz mit Weinkeller errichtete und die jungen Paare, Alfred und Margrit sowie Hansruedi und Susanne beschlossen, als Eigenkelterer ihr Glück zu versuchen.
Berechtigter Stolz
Diesen Schritt haben sie „nie bereut“, wie Hansruedi mit einem strahlenden Lächeln erklärt. An einem solchen Tag wie diesem, an dem sich nur wenige Wolken am ansonsten blauen Himmel zeigen und die Sonne das Thermometer schon am frühen Vormittag auf über 20 Grad empor schnellen lässt, ist dies auch für einen Laien einfach zu verstehen, wenn die Reben in kräftigem Grün erstrahlen und sowieso alles irgendwie perfekt zu sein scheint. Doch von alleine schafft es dieses tolle Wetter nicht von der Traube in die Flasche. Vielmehr ist den fünf Wolfers – im 2005 stiess nach seinen Wanderjahren als Winzer in Graubünden und Tasmanien auch Margrits und Alfreds Sohn Martin hinzu – im Gespräch das echte persönliche Bemühen um einen Spitzenwein anzumerken. Für sie ist der eigene Wein nicht einfach ein Getränk oder gar nur eine Ware, sondern ein geschmacklich facettenreiches Produkt, in dem sich die eigene Lebensphilosophie aufs Tiefste widerspiegelt. Und auf dieses Produkt sind sie stolz. Und können dies auch zu Recht sein.
Neue Wege beschreiten
Dies zeigen auch die vielen Auszeichnungen, welche die Wolfer Weine in den letzten Jahren an Wettbewerben wie dem „Grand Prix du Vin Suisse“ oder dem „Mondial du Pinot Noir“ erhalten haben. Sowieso sind Wolfers, welche auf zwei Parzellen insgesamt 9,4 Hektaren Reben bewirtschaften, eine Familie, die gerne über den eigenen Rebberg hinaus schaut. Martin ist Gründungsmitglied der Vereinigung „Junge Schweiz Neue Winzer“; in ihr treffen sich innovative Weinproduzenten aus der ganzen Deutschschweiz zum regelmässigen Erfahrungsaustausch. „Da bringen wir nicht einfach nur unsere besten Weine mit, sondern auch mal einen problematischen Tropfen und diskutieren, wie sich der wohl noch verbessern liesse“, erzählt Martin enthusiastisch.
Eben dieser Hang zur Perfektion, der vom Wissen getragen wird, dass es in diesem sehr von Wind und Wetter abhängigen Beruf die Perfektion an und für sich nicht gibt, treibt die Wolfers unermüdlich in ihrem Tun voran. Einem Tun, das im Rebberg zumeist harte Arbeit ist, im Keller oftmals jedoch einem künstlerischen Prozess gleicht. Einem Werdegang sozusagen, in dem sich tradiertes Wissen mit innovativen Ideen zu einem neuen, harmonisch-sinnlichen Geschmackserlebnis vereint.
Mit dem Namen einstehen
Auch in anderen Belangen sind Wolfers sehr fortschrittlich. Denn für die Winzerfamilien vom Bründlerberg und Waidli ist der Wein eng mit dem heutigen Lebensgefühl verknüpft. Das wird auch an Äusserlichkeiten ersichtlich. Wo bis vor kurzem noch die ebenso altertümliche wie bekannte Bezeichnung „Burgherrewy“ samt Wappen und Rebe vom Flaschenetikett prangte, prägt nun ein ebenso markanter wie edler Schriftzug das Gebinde. „Wolfer“ heisst es hier schlicht in goldenen Lettern auf der farbig unterlegten Etikette. Die fruchtigen Weissweine sind allesamt weiss unterlegt, die gehaltvollen Roten mit kräftigen Rot- und Brauntönen. Hier steht also eine Familie im wahrsten Sinne der Wortes mit ihrem ganzen Namen für das von ihr kreierte Produkt ein. Kann es etwas Schöneres für einen Weinliebhaber geben?